„Kaum jemand hätte etwas dagegen gehabt, wenn man nur einen weiteren Straßenzug mit 30 neuen Bauplätzen geplant hätte. Jetzt aber strebt man nach einem Gebiet von der Größe eines eigenen Dorfes, auf Einwände der Bevölkerung und der Behörden wird keine Rücksicht genommen und für viele Kritikpunkte gibt es keine Lösung. Worum es mir geht, ist der Schutz der Umwelt, der Tiere, der Natur.“ So äußerte sich ein Buchholzer Anwohner gegenüber Dr. Lea Heidbreder, der baupolitischen Sprecherin der Landtagsfraktion der Grünen. Der Einladung des Stadtverbands der Grünen, sich die beiden geplanten und umstritten Neubaugebiete „Auf der Folkendell“ und „Erweiterung Ellig“ anzusehen und die von den Entscheidungsträger:innen bisher kaum gewürdigte Kritik anzuhören, war sie am 11. August gerne gefolgt. Mittlerweile schaut man nicht nur in Boppard, sondern auch in Mainz ganz genau auf die Bopparder Neubaugebiete, welche kürzlich sogar schon Thema einer Kleinen Anfrage im rheinland-pfälzischen Landtag waren (vgl. Drucksache 18/302 vom 18.06.2021).
„Der Anblick und das Wissen um den Artenreichtum in der Buchholzer Dell und den früheren Streuobstflächen des Elligs in Bad Salzig ist faszinierend – die Aussicht auf deren Zerstörung erschreckend“, so Dr. Lea Heidbreder. „Die Gebiete weisen nicht nur ökologisch höchst wertvolle Bereiche auf, sondern beispielsweise auch ein Quellgebiet und erosionsgefährdete Hangflächen. Spätestens nach der jüngsten Hochwasserkatastrophe sollten sich alle über die Gefahr von Starkregenereignissen, die Bedeutung von deren Vorbeugung und die Notwendigkeit von Klimaschutz im Klaren sein.“ Neben Bedenken um gravierende Umweltzerstörung sowie Versiegelung treten zu erwartende Verkehrssicherheitsprobleme durch fehlende Bürgersteige und wachsenden Verkehr, die Gefährdung archäologischen Kulturguts und die Zersiedelung der Ortsbezirke.
Dr. Lea Heidbreder gab zahlreiche Tipps mit auf den Weg, wie sich Ortsentwicklung und Bauleitplanung nachhaltig umsetzen ließen: Sparsamer Flächenverbrauch, der Schutz sensibler Bereiche sowie Innenentwicklungskonzepte zur Nachverdichtung und Reduzierung von Leerstand sind hierbei elementar. Berechnungen des Leerstandsrisikorechners zufolge wird der Rückgang der Einwohnerzahlen bis zum Jahr 2040 im Bopparder Stadtgebiet 1.140 weitere leere Wohnungen verursachen. Neubaugebiete sind damit zu kurzfristig gedacht, zumal es in Bad Salzig auch noch eine große Zahl freier Bauplätze gibt. Andere Kommunen seien in ihrem Vorgehen visionär, etwa Münster mit einem Leerstandsmelder oder Neustadt/Weinstraße mit einem Baulückenkataster.
Das örtliche Sprecherteam um Tanja Paschek und Kent Michaelis betont, dass es den Grünen bei ihrer Kritik nicht um Fundamentalopposition, sondern um Weitsicht und gebührende Rücksichtnahme gehe. Man sei stets zu Kompromissen bereit und verbinde Kritik immer auch mit Alternativvorschlägen, die die Interessen aller Seiten miteinander vereinen. Der Vorschlag der Grünen zu einer Reduzierung oder Verlegung von bereits elf der insgesamt 83 geplanten Bauplätze in Buchholz könnte die Folgen für das Quellgebiet und das Biotop erheblich reduzieren, fand jedoch nicht die erforderliche Zustimmung in den Gremien. Auch eine Verkleinerung der Baugrundstücke zur Einsparung von Fläche lehnte eine Mehrheit ab. Immerhin: Nahwärme-Konzepten schenke man mittlerweile Aufmerksamkeit im Stadtrat.
„Die Bauprojekte werden von manchem als Fortschritt und soziale Wohltat für junge Familien dargestellt – tatsächlich schaden wir dadurch aber uns selbst und den kommenden Generationen, indem wir Probleme an anderer Stelle verschärfen. Durch die Neubaugebiete befeuern wir den Klimawandel, dadurch häufen und verstärken sich Phänomene wie Hitzeextreme oder Starkregen, und die Bodenversiegelung sorgt erst recht dafür, dass die Ereignisse in Boppard noch gravierender ausfallen. Wir fordern ein Umdenken – investieren wir in die Reduzierung des Leerstands, in die Sanierung und Aufstockung von Altbauten, in Mehr- statt Einfamilienhäuser, in die soziale und wirtschaftliche Belebung der Ortskerne, in nachhaltige Mobilität, in Klima- und Naturschutz, Begrünung, Entsiegelung und Starkregenschutz!“
Pressemitteilung der Buchholzer Ortsbeiratsfraktion, der Bopparder Stadtratsfraktion und des Stadtverbands Mittelrhein von Bündnis 90/Die Grünen
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