Tierschützer und Behörden besprachen Maßnahmen zum Schutz von Amphibien im Mühltal

Sie kommen des Nachts zu Hunderten aus der Erde. Was nach apokalyptischer Prophezeiung klingt, ist in Boppard ein regelmäßiges Ereignis von weltlicher Ursache: Salamander, Molche, Frösche und Kröten verlassen im Frühjahr – mit den ersten wärmeren Nächten – bei Einbruch der Dämmerung ihre Verstecke in den bewaldeten Hängen des Mühltals und begeben sich zur Laichablage in die Teiche und ruhig fließenden Abschnitte der Bäche, während sie im Herbst wieder in den Wald zurückkehren. Sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg muss ein großer Teil der Tiere die Landesstraße im Mühltal (L 207) queren, viele bleiben dabei auch über Stunden auf der Fahrbahn sitzen. Und obwohl Verkehrszählungen ergeben haben, dass innerhalb eines Tages nur ca. 290 Fahrzeuge die L 207 nutzen, kann jedes Jahr aufs Neue beobachtet werden, wie durch die wenig verbleibenden, bei Dunkelheit fahrenden Autos eine erhebliche Zahl an Tieren getötet oder verletzt wird. Wie an so vielen Stellen im Land sind damit auch im Biotop Mühltal die Folgen von „Landschaftszerschneidung“ zu beobachten.

Petra Lorenz, seit vielen Jahren ehrenamtliche Tierschützerin, und der örtliche Grünen-Vorsitzende Kent Michaelis hatten sich deshalb im Vorjahr mit einem Antrag an die Behörden gewandt, um die Situation für diese nachtaktiven Arten zu verbessern. Am 27. Januar kam es nun zu einem gemeinsamen Ortstermin mit Vertreterinnen und Vertretern der unteren und oberen Naturschutzbehörde, der unteren und oberen Verkehrsbehörde, der Stadt Boppard, der Landschaftspflege-Expertin Prof. Dr. Elke Hietel und den Antragsstellenden. Unter Leitung von Dr. Lisa Keidel (Landesbetrieb Mobilität Bad Kreuznach) wurden der Antrag und Lösungsvorschläge diskutiert. Professorin Hietel (TH Bingen) und Dr. Axel Schmidt (Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord) bekräftigten den Handlungsbedarf und die Schutzwürdigkeit des Habitats, in dem auch gefährdete Arten wie der Feuersalamander zu erwarten sind.

Die Gruppe stellte fest, dass Tunnel, Leitsysteme, mobile Zäune und eingegrabene Fangeimer aufgrund der beengten Raumverhältnisse keine praktikablen Lösungen für das Mühltal sind, zumal es an Freiwilligen fehlt, um während der Wanderzeiten alle Standorte Nacht für Nacht zu betreuen. In Betracht bleibt hingegen, einen Teil der Straße für bestimmte Wochen im Jahr über Nacht zu sperren. Als nächster Schritt wurde sich darauf geeinigt, ein Fachbüro mit der Bestandszählung und genauen Bestimmung der Amphibienarten zu beauftragen. In diesem Zuge kann es zwischen Ende Februar und Anfang April vom Abend bis zum frühen Morgen zu zeitweisen Sperrungen der L 207 zwischen Pfaffenheck/A61 und dem Wanderparkplatz am Steinigbach (Treffpunkt „Waldbaden“) kommen, es besteht die Möglichkeit zur Umleitung über die Buchholzer Straße/L 209. Die zu erhebenden Daten sollen Grundlage für die Wahl der weiteren Schutzmaßnahmen sein und die Beurteilung ihrer Wirksamkeit ermöglichen. Damit ist zu hoffen, dass im Mühltal in naher Zukunft nicht nur tagsüber, sondern auch nachts sicher gewandert werden kann und ein guter Kompromiss zwischen den Ansprüchen von Mensch und Natur entsteht.

Für den Stadtverband Mittelrhein von Bündnis 90/Die Grünen: Kent Michaelis, Vorstandssprecher

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