Stadtrat gibt „grünes Licht“ für die Verlegung von Stolpersteinen

In der Sitzung des Bopparder Stadtrates vom 27. Juni 2016 wurde mit großer, überparteilicher Zustimmung (23 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 6 Enthaltungen) folgender Beschluss gefasst:

Die Stadt Boppard beteiligt sich an der europaweiten Aktion „Stolpersteine“ zur Erinnerung an die durch den Nationalsozialismus verfolgten Mitbürgerinnen und Mitbürger. Zu diesem Zweck wird die Genehmigung für das Verlegen von Stolpersteinen im öffentlichen Raum erteilt. Die Planung und Umsetzung erfolgt durch die Initiative „Boppard setzt Stolpersteine“. Die Verwaltung wird angewiesen, die Initiative bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Dies betrifft insbesondere die Recherchearbeit in den Archiven und Standesamtsverzeichnissen sowie die Unterstützung des Bauhofes beim Öffnen und Beipflastern von Verlegeflächen. Die Initiative trägt die Kosten für die Stolpersteine.

Andreas Roll, Stadtratsmitglied der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, trug dabei den Antrag vor und konnte auf vereinzelt geäußerte Bedenken in der Diskussion eingehen. Ein zentrales Ziel diese Form der Erinnerungskultur ist dabei vor allem der pädagogische Prozess in den beteiligten Schulen, der durch die Recherchen und Gedenken an die Personen ausgelöst werden soll.

Damit ist nach langjährigen Vorbereitungen die Voraussetzung für die Verlegung von Stolpersteinen in Boppard geschaffen, nachdem sich zuletzt, im April 2016, viele Unterstützer des Projekts zu der Initiative „Boppard setzt Stolpersteine“ zusammengeschlossen hatten und auch in Zukunft nun das Projekt betreuen und durchführen möchten. Die Initiative steht unter der Schirmherrschaft des Europaabgeordneten Norbert Neusers, und kooperiert mit der Projektgruppe „Stolpersteine“ der Ehrenamtsinitiative „Ich bin dabei“, dem Arbeitskreis „Schule gegen Rassismus“ des Kant-Gymnasiums, der IGS Emmelshausen. Mit weiteren Bopparder Schulen werden Gespräche geführt, und gerne sind weiterhin Unterstützer eingeladen, das Projekt zu unterstützen – bisher wurden über 150 Unterstützerunterschriften gesammelt, und zahlreiche Stifter für das Bereitstellen von Stolpersteinen gefunden. Die Kosten eines „Stolpersteins“ belaufen sich dabei auf 120 € – selbstverständlich tragen auch schon geringere Beiträge zur Finanzierung bei und können gerne geleistet werden.

Auf diese Weise soll den im nationalsozialistischen Deutschland (1933-1945) verfolgten und ermordeten Bopparder Mitbürgern gedacht werden, die dem Regime etwa aufgrund ihrer Religion, sexuellen Orientierung, politischen Einstellung, Behinderung und körperlichen Verfassung, ihrem politischen Widerstand oder Verweigerung der Unterordnung und aus vielen weiteren, willkürlichen „Gründen“ zum Opfer fielen. Im Pflaster vor den Orten, an dem diese Menschen zuletzt freiwillig ihren Wohnort definierten, soll dadurch über Stolpersteine an diese Menschen erinnert werden, zur Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit anregen und eine Mahnung darstellen. Jeder Stein, der ebenerdig im Pflaster verlegt wird, misst 10×10 Zentimeter, und besteht aus einem Betonwürfel mit einer auf der Oberseite verankerten Messingplatte. Diese trägt eine Inschrift, beginnend mit „HIER WOHNTE“, wobei im Anschluss die wichtigsten Daten des Opfers folgen (Name, Vorname, ggf. Geburtsname, Geburtsjahr, Deportationsdatum, Deportationsort, sowie Angaben zum Schicksal). Durch das Verlegen der Steine gehen diese in den Besitz der Gemeinde über.

Geplant sind nun Verlegungen der ersten Steine in Boppard im Frühjahr 2017 im Beisein des Künstlers Gunter Demnig, dem Urheber dieser europaweit angewandten Erinnerungsarbeit. Die Initiative „Boppard setzt Stolpersteine“ wird dazu ein dem Anlass würdiges Rahmenprogramm und eine weitere Informationsveranstaltung planen.

 

Die Sprecher der Initiative „Boppard setzt Stolpersteine“ mit Judith Rhodes (mittig), die als Nachfahrin politisch Verfolgter aus Ludwigshafen über das Schicksal ihrer Mutter berichtete, die der nationalsozialistischen Verfolgung nur durch einen Kindertransport nach England entkommen konnte. Den originalen Koffer präsentierte sie dabei auf der Informationsveranstaltung.
Von links nach rechts: Andreas Roll, Valerie Reppert, Andreas Nick, Judith Rhodes, Barbara Wolf, Marcel Hihn, Wolfgang Spitz, Manfred Querbach

 

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